Friedhöfe sind Orte der Trauerbewältigung

Die wertvolle Funktion des Friedhofes als Ort der Trauerbewältigung gibt es nicht mehr überall. Dort, wo anonym beerdigt wird, fehlt dieser Bezugspunkt, der die Lebenden dem Verstorbenen verbindet. Der Friedhof hat neben der individuellen auch eine wesentliche soziale Bedeutung.

Jeder Friedhofsbesucher, der „sein“ Grab aufsucht, sieht auch andere Gräber, liest die knappen Zeilen auf fremden Grabsteinen, rechnet Lebensalter aus und nimmt – wenngleich unbeteiligt – die Schicksale anderer Menschen wahr. Vor allem die regelmäßigen Friedhofsbesucher werden feststellen, dass ihnen immer wieder dieselben Menschen begegnen. Beim Warten am Wasserhahn kommt man ins Gespräch, tauscht sich aus über die Bepflanzung der Gräber, vielleicht auch über die dort Begrabenen.

Die Grundstimmung von Ruhe, die ein Friedhof ausstrahlt, trägt auch dazu bei, dass Friedhöfe zu Orten der Achtsamkeit werden. Die öffentlichen Bereiche der Friedhöfe sind in aller Regel intensiv gepflegte, typische „Friedhofspflanzen“ wie Thuja (Lebensbaum), Taxus (Eiben) und Buchsbaum, aber auch Blütensträucher und ausladende Laubbäume sorgen für eine Parkatmosphäre, in der sich auch zahlreiche Vögel und andere Tiere wohlfühlen. Das beste Beispiel dafür ist unser Nordfriedhof, der von Fachleuten immer wieder als mustergültig bezeichnet wird. Je höher die gärtnerische Qualität der Beete und Hecken, Baumgruppen und Rasenflächen, desto mehr gewinnt jeder Friedhof als Ganzes.

Friedhöfe sind Begräbnisstätten, aber auch grüne Oasen und außerdem interessante Orte für die Erforschung der Ortsgeschichte. Die traditionelle Bestattung mit individuellem Grab und einem Grabstein ist eine wichtige Voraussetzung für den Erhalt des Kulturgutes Friedhof und sollte vor allen anderen Bestattungsmöglichkeiten absolut Vorrang haben.

Karl-Heinz Roll
Mitglied Friedhofsausschuss